Von Predigten bis zu stillen Rückzügen zeigt eine Studie, dass viele Menschen von spiritueller Praxis gelangweilt sind.

07 März 2025 2115
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6. März 2025

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von der Universität Wien

Wir betrachten spirituelle Praktiken oft als Quellen von Frieden und Inspiration. Eine kürzlich durchgeführte Studie unter der Leitung von Forschern der Universität Wien zeigt jedoch, dass sie auch anders erlebt werden können: Viele Menschen langweilen sich während dieser Praktiken, und das kann weitreichende Folgen haben. Die kürzlich im Journal Communications Psychology veröffentlichten Ergebnisse eröffnen ein völlig neues Forschungsfeld und liefern faszinierende Einblicke in ein Phänomen, das bisher nur wenig Beachtung gefunden hat.

Auch wenn Langeweile derzeit ein stark erforschtes Thema ist, wurde spirituelle Langeweile in der Forschung bisher weitgehend vernachlässigt. Psychologen der Universität Wien und der Universität Essex haben beschlossen, diese "Blindstelle" anzugehen, und waren überrascht festzustellen, dass Langeweile während spiritueller Praktiken häufig auftritt und klare nachteilige Auswirkungen haben kann.

Die Control-Value-Theorie (CVT) lieferte den akademischen Rahmen für die Umfrage. Die CVT postuliert, dass Langeweile - eine unangenehme, abstoßende Emotion, die sich durch veränderte Zeitwahrnehmung, wandelnde Gedanken und den Wunsch, der aktuellen Situation zu entkommen, auszeichnet - hauptsächlich durch zwei Faktoren getrieben wird: die wahrgenommene Kontrolle über die laufende Aktivität und den subjektiven Wert, den wir ihr beimessen.

Nach Angaben des Erstautors Thomas Götz vom Institut für Entwicklungs- und Bildungspsychologie der Universität Wien "entsteht Langeweile, wenn wir uns von einer Aktivität oder Aufgabe überfordert oder unterfordert fühlen - ein Zeichen für ein ungeeignetes Maß an Kontrolle. Und sie entsteht auch, wenn wir den Wert der Aktivität als gering erachten."

In einer groß angelegten Studie, die fünf typische spirituelle Kontexte analysierte (Yoga, Meditation, stille Retreats, katholische Predigten und Pilgerreisen), untersuchten die Forscher über 1.200 Erwachsene. Die Ergebnisse zeigen, dass die zentralen Auslöser für spirituelle Langeweile tatsächlich das Gefühl, überfordert oder unterfordert zu sein, sowie ein Mangel an persönlicher Relevanz für diejenigen sind, die die spirituelle Aktivität ausüben.

Beides hat einen negativen Effekt auf die Motivation und Achtsamkeit während der Praxis und kann ihren positiven Effekt ernsthaft dämpfen. "Unsere Forschung zeigt, dass Langeweile in spirituellen Kontexten ein ernsthaftes Hindernis darstellen kann, das die transformative Kraft dieser Praktiken reduziert," sagt Götz.

In einer von globalen Krisen wie der Klimakrise und sozialen Spannungen geprägten Welt, hoffen immer mehr Menschen, durch spirituelle Praxis Orientierung zu finden. Die Studie zeigt jedoch, dass wahrgenommene Langeweile diesen Prozess hemmen kann.

"Es ist wichtig, spirituelle Praktiken individuell anzupassen und immer wieder auf deren Relevanz und Bedeutung hinzuweisen, um ihren transformativen Wert für unsere Gesellschaft zu fördern," erklärt der Bildungspsychologe Götz. Auf der Grundlage der CVT empfiehlt das Forschungsteam, spirituelle Praktiken besser zu personalisieren und besser auf die Bedürfnisse derjenigen einzugehen, die sich daran beteiligen.

"Spirituelle Lehrer sollten einen aktiven Dialog mit den Beteiligten der spirituellen Praxis über das Gefühl, überfordert oder unterfordert zu sein, aufrechterhalten. Darüber hinaus sollten sie die Bedeutung der spirituellen Praxis für ein erfülltes Leben betonen," erklärt Götz. Diese Maßnahmen könnten dazu beitragen, spirituelle Langeweile zu verringern und die positiven Effekte spiritueller Praxis zu maximieren.

Diese erste Studie zur spirituellen Langeweile hat ein völlig neues Forschungsfeld eröffnet. Das Forschungsteam hat einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, die negativen Auswirkungen von Langeweile während spiritueller Praktiken aufzuzeigen.

Weitere Informationen: Thomas Götz et al, Spiritual boredom is associated with over- and underchallenge, lack of value, and reduced motivation, Communications Psychology (2025). DOI: 10.1038/s44271-025-00216-7

Journal-Information: Communications Psychology

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