Wissenschaftler haben neue Wege der Alzheimer-Krankheit entdeckt.

07 Dezember 2023 1840
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Eine neue Studie über Alzheimer-Krankheit kombiniert mehrere Biomarker, um neue genetische Wege und geschlechtsspezifische Unterschiede aufzudecken und so die Früherkennung und das Verständnis von Alzheimer zu verbessern.

Demenz, zu der Krankheiten wie Alzheimer-Krankheit gehören, betrifft etwa 1,8 Millionen Menschen in Deutschland. Die genauen Ursprünge dieser Krankheit sind immer noch nicht vollständig verstanden, obwohl anerkannt wird, dass die Genetik ein wesentlicher Faktor bei ihrer Entwicklung ist. Historisch gesehen haben die meisten Forschungsbemühungen, um neue Gene im Zusammenhang mit Alzheimer zu entdecken, eine Methodik namens "Falldesign-Kontrollgruppe" verwendet.

"Bei dieser konventionellen und sehr vereinfachten Analysestrategie geht eine große Menge an klinischen Informationen verloren, die wertvoll sein kann, um neue Krankheitsmechanismen aufzuklären", sagt Prof. Dr. Lars Bertram, Leiter der Lübecker Interdisziplinären Plattform für Genomanalyse an der Universität Lübeck und Projektleiter der jetzt veröffentlichten Studie. "In unserer neuesten Untersuchung von fast 1.000 Personen haben wir daher die Daten von sechs verschiedenen Alzheimer-Biomarkern kombiniert und konnten dadurch die Krankheitsmuster in den anschließenden genetischen Analysen viel genauer abbilden."

Eine der Befunde legt eine verminderte Expression von GRIN2D nahe, einem Rezeptor des Gehirnbotenstoffs Glutamat, bei Alzheimer-Krankheit und anderen neuropsychiatrischen Erkrankungen. "Dies führt wahrscheinlich zu einer Beeinträchtigung der Funktion der Synapsen, d.h. der Verbindungen, über die Nervenzellen im Gehirn miteinander kommunizieren", sagt Bertram.

Durch die Kombination der Alzheimer-Biomarker war es möglich, zusätzliche nachgelagerte Analysen durchzuführen, die mit einem herkömmlichen Studiendesign nicht möglich gewesen wären.

"In diesem Zusammenhang möchten wir auf sogenannte Mediationsanalysen hinweisen, eine statistische Methode, um eine mögliche kausale Beteiligung der untersuchten Biomarker an der Krankheit aufzudecken", erklärt Dr. Alexander Neumann vom Erasmus University Medical Center in Rotterdam, Hauptautor der Studie. "Diese Analysen legen nahe, dass es mindestens zwei Hauptwege gibt, die bei der Alzheimer-Krankheit beteiligt sind."

Das Forschungsteam stellte fest, dass ein Weg über die Auswirkungen von sogenannten Amyloid- und Tau-Proteinen verläuft, was schon lange bekannt ist und durch das Alzheimer-Risikogen APOE vermittelt wird, das seit Jahrzehnten bekannt ist. Der zweite wichtige Weg basiert größtenteils auf der Reaktion des Immunsystems, die unter anderem durch die Wirkung der Gene TMEM106B und CHI3L1 verursacht wird, die eine Rolle beim Transport von Zellbestandteilen und der Regulation von entzündlichen Reaktionen spielen.

Darüber hinaus lieferten die Analyse des X-Chromosoms (das das biologische Geschlecht bestimmt) sowie geschlechtsspezifisch aufgeteilte genomweite Analysen neue Einblicke in den bisher unerklärten Unterschied in der Häufigkeit von Alzheimer-Krankheit zwischen Männern und Frauen.

"Die Ergebnisse dieser Teilstudie zeigen, dass bestimmte Gene messbare Effekte in Bezug auf Alzheimer-Biomarker nur bei Männern oder nur bei Frauen haben", sagt Dr. Olena Ohlei von der Lübecker Interdisziplinären Plattform für Genom-Analyse und zweite Erstautorin der Studie. "Einige Befunde deuten sogar auf entgegengesetzte Effekte bei Männern im Vergleich zu Frauen hin, d.h. bestimmte Gene erhöhen das Risiko von Alzheimer-Krankheit bei Frauen, verringern es aber bei Männern oder umgekehrt."

Weitere Studien sind nötig, um dafür eine Erklärung zu finden.

Insgesamt zeigt die veröffentlichte Arbeit neue Wege, um die Ursachen der Alzheimer-Krankheit besser zu verstehen. "Idealerweise zeigt sie, dass die Methode der multivariaten, d.h. kombinierten Analyse von Biomarkern, die wir erstmals verwendet haben, die Diagnose von Alzheimer-Krankheit verbessern oder sogar eine Frühdiagnose ermöglichen kann", fasst Bertram die Ergebnisse zusammen. "Dafür müssen unsere Ergebnisse jedoch zunächst in unabhängigen Stichproben validiert werden, wie es in der Wissenschaft üblich ist."


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