Ein selbstbetriebener Sensor aus Pflanzen.
12. September 2023
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von der Universität Groningen
Die Geschichte von Qi Chens Forschung ist voller Glückstreffer. Im ersten Jahr ihrer Promotion verbrachte sie Zeit mit Freunden auf dem Campus der Universität Zernike und diskutierte die Themen ihrer Forschungen. Chen erzählte ihnen, dass sie foamartige Materialien studieren würde. Ein Freund schälte beiläufig den Stiel einer grasartigen Pflanze und enthüllte dabei deren Innenseite, die eine offene und luftige Struktur aufwies. Er schlug scherzhaft vor, dass Chen diese Pflanze studieren könnte. Sie steckte sie in ihren Rucksack und vergaß dann alles darüber.
Fast zwei Jahre später fand Chen die Pflanze wieder in ihrem Rucksack. Sie hatte versucht, durch die Verwendung von schäumenden Materialien Elektrizität von Bakterien zu erzeugen. Die Ergebnisse waren nicht vielversprechend, also beschloss sie, sich diese grasartige Pflanze genauer anzuschauen: ein häufiges Feuchtgebietsunkraut namens Flatter-Binse (Juncus effusus L.).
"Die Struktur des Stiels der Flatter-Binse besteht aus Schichten von miteinander verbundenen Sternen, ein bisschen wie winzige Schneeflocken", erklärt Chen. Diese Schichten sind übereinander gestapelt und bilden eine Struktur, die einen guten Luftdurchfluss ermöglicht. Chen sagt: "Meine Proben waren ultraleicht. Einmal ließ ich die Proben unbedeckt liegen und als ich die Labortür öffnete, wurden die Proben davongetragen. Es sah so aus, als ob es im Flur geschneit hätte."
Die Innenseiten vieler aquatischer oder Feuchtgebietspflanzen bestehen aus einer solchen offenen Struktur, die Aerenchym genannt wird. "Die Pflanze benötigt diese offene Struktur zum Atmen", sagt Chen, "denn mit ihren Wurzeln in einer feuchten Umgebung müssen sie Sauerstoff aus der Luft aufnehmen und durch den Stiel transportieren." Wie sich herausstellte, ist dieses Material auch eine großartige alternative Ressource für natürliche Pflanzen-basierte Schäume.
Auch die einzigartige Form der kleinen Schneeflocken im Stiel der Flatter-Binse war perfekt für den Bau eines Nanogenerators: ein winziges Gerät, das eine elektrische Ladung erzeugt und als Sensor oder Energiequelle verwendet werden kann. Ein solcher Nanogenerator kann dazu beitragen, den aktuellen Trend immer kleinerer tragbarer Geräte nachhaltiger zu gestalten, indem er Batterien ersetzt, die letztendlich als Elektroschrott enden.
Gemeinsam mit ihren Kollegen Wenjian Li und Feng Yan baute Chen einen Nanogenerator in der Größe einer Briefmarke, etwa einen Millimeter dick. Co-Autorin Dina Maniar erklärt: "Sie können ihn in Ihren Schuh stecken und wenn Sie gehen, springen oder rennen, sendet er ein charakteristisches Signal aus, das wir erkennen können."
Dieses winzige Gerät basiert auf demselben Phänomen, das Ihnen einen Schlag versetzt, wenn Sie nach dem Gehen auf einem Teppich einen Türknauf berühren: dem sogenannten Triboelektrischen Effekt. Es besteht aus zwei kleinen Schichten mit rauen Oberflächen. Die beiden Schichten werden durch einen Separator voneinander getrennt, aber beim Zusammendrücken entsteht Reibung zwischen den Schichten, welche eine elektrische Ladung erzeugt - ähnlich der elektrischen Ladung, die entsteht, wenn Sie Ihre Füße auf einem Teppich schleifen. Maniar sagt: "Dies ermöglicht es uns, Bewegung in elektrische Signale umzuwandeln."
Die kleinen Schneeflocken von der Flatter-Binse bilden eine raue, schaumige Oberfläche mit vielen Poren auf den Schichten des Nanogenerators: perfekt für eine optimale Reibung zwischen den Schichten, während er trotzdem sehr leicht bleibt. Auch das war wieder ein glücklicher Fund: Chen ließ etwas ihrer aufgelösten Pflanzenmasse auf Aluminiumfolie fallen und vergaß, sie aufzuräumen. Das Wasser verdunstete, was eine dünne Schicht mit der rauen Oberfläche von winzigen Schneeflocken hinterließ.
Forscher versuchen seit Jahren, schaumartige Materialien auf der Basis von Zellulose aus Pflanzen herzustellen. "Normalerweise benötigt es viele Ressourcen, um Zellulose zu extrahieren und ihre Struktur dabei zu zerkleinern", erklärt Professorin für Angewandte Chemie und Co-Autorin Katja Loos. "Dann erfordert es viele Ressourcen, um die gewünschte Struktur für neue Materialien zu erzeugen."
Chen konnte die Bausteine - die kleinen "Schneeflocken" - von der Innenseite der Flatter-Binse erhalten, indem sie den Stiel abschälte und ihn in einer einfachen Mischung auflöste. "Also können wir es wirklich nachhaltig nennen", sagt Chen. Bei diesem Prozess wurden kaum Energie und keine ölbasierten fossilen Materialien verwendet. Chen arbeitet derzeit an anderen Anwendungen. Sie möchte die Schneeflocken der Flatter-Binse auch als Teil einer Batterie und zur Reinigung von Schadstoffen im Wasser verwenden.
Leider hat die örtliche Gemeinde kürzlich einen großen Teil des Wachstums der Flatter-Binse entfernt, entdeckte Chen. Sie zuckt mit den Schultern. "Jetzt muss ich nur ein Stück weiter radeln, um es zu bekommen." Sie lächelt. "In unserem Labor ist es kein Unkraut, sondern eine wertvolle Ressource."
The work is published in the journals Advanced Functional Materials and Cellulose.
Qi Chen et al, Aerenchyma tissue of Juncus effusus L.: a novel resource for sustainable natural cellulose foams, Cellulose (2023). DOI: 10.1007/s10570-023-05453-9
Journal information: Advanced Functional Materials
Provided by University of Groningen