Emma Stone liefert ihre bisher reichste Leistung in 'Poor Things' | Vanity Fair
Von Richard Lawson
Die meisten Filme des griechischen Regisseurs Yorgos Lanthimos könnten nicht unbedingt als sentimental bezeichnet werden. Nicht der düstere Schock von "Dogtooth", ganz sicher nicht das Familienmord-Drama "The Killing of a Sacred Deer" und auch nicht die Science-Fiction-Romanze (auf eine gewisse Weise) "The Lobster". Es ist daher überraschend, dass Lanthimos' neuer Film "Arme Seelen", der am Freitag hier auf den Filmfestspielen von Venedig Premiere hatte, eine lange, seltsame Reise in Richtung einer Art Süße unternimmt.
Basierend auf dem 1992 erschienenen Roman "Poor Things" von Alasdair Gray ist "Arme Seelen" ein Science-Fiction-Märchen-Bildungsroman über ein Frankensteinsches Monster, das seinen Weg in die Welt findet. Emma Stone spielt Bella Baxter, die Ziehtochter eines verrückten Wissenschaftsprofessors, Godwin (Willem Dafoe), und deren Existenz an sich eine groteske Abnormität darstellt. In Bellas Schädel summt das Gehirn eines Säuglings, das gewissermaßen von der Frau geerbt wurde, deren Körper Bella besitzt. Sie ist also sowohl Kind als auch Mutter zugleich, ein überwältigendes und sprachloses Kleinkind, das auf seltsame Weise in einem erwachsenen Frauenkörper beherbergt wird.
Godwin, den Bella einfach nur Gott nennt, hat weitere merkwürdige Erfindungen im Haus - vielleicht am bemerkenswertesten ein Huhn mit dem Kopf eines Bulldoggen - aber seine Hauptkreation ist Bella, eine Art Tochterfigur, deren Entwicklung er stolz und beschützend beobachtet. Wie von einem von Godwins Studenten, Max (Ramy Youssef), bemerkt wird, wächst Bella ziemlich schnell heran, erwirbt etwa 15 neue Wörter pro Tag, wird immer sicherer auf den Beinen (obwohl sie noch immer auf eine amüsante Weise unbeholfen und kippelig geht) und immer neugieriger auf all die Wunder, die sich direkt vor ihrer Haustür abspielen.
Es ist ein vages Europa der 1880er Jahre, und der Film führt von London nach Lissabon und Paris, allesamt inszeniert in einem phantasievollen Stil, der an die Arbeit von Terry Gilliam erinnert. Steampunk-Elemente tauchen gelegentlich auf, Hintergründe sind bewusst falsch und theatralisch gestaltet, die Kostüme (eine faszinierende Auswahl von Holly Waddington) wechseln zwischen viktorianischer Wohlbeleibtheit und go-go-modischen Elementen der 1960er Jahre. Es ist ein beeindruckender Film, aber sein unermüdlicher Stil birgt das Risiko der Erschöpfung.
Genauso wie einige kitschige Ausbrüche, wenn Lanthimos eine pop-feministische Applauszeile einfügt, die fast wie eine Durchbrechung der vierten Wand wirkt und zum Publikum zwinkert. Ansonsten sind die politischen Botschaften des Films jedoch angenehm klar. Bellas Reise durch eine Welt des Sex und der Männer verhilft ihr zu immer mehr Mut und scharfer Sichtweise. Sie wird zu einer philosophierenden Sexarbeiterin, die Fragen zu den Systemen stellt, die sie vor sich sieht, mit einer Direktheit und Offenheit, die als Teil ihres gesamten psychologischen Make-ups nach der Gehirntransplantation verstanden wird. Wenn Bella eine Antwort nicht gefällt, verändert sie ihre Umgebung - es ist so etwas wie Praxis.
Ein Großteil ihrer Entdeckungen erfolgt in Form von Sex, den Lanthimos in lebendigen Details ohne jede Scham inszeniert. Stone übernimmt diese Szenen mutig, ebenso wie sie sich voll und ganz auf diese große, anspruchsvolle Rolle einlässt, die sie vom Säugling zur erwachsenen Frau führt. Es ist eine wunderbare Leistung, witzig, aber nicht übertrieben künstlich. Stone wechselt nahtlos zwischen der Komödie des Films und seiner zunehmend wehmütigen Stimmung, während Bella mit scharfem und hart erkämpftem Verständnis für ihren unwahrscheinlichen Platz in der Welt erwachsen wird. Hier wird Lanthimos fast ein bisschen weich, obwohl er gerade genug schrullige Momente zulässt, um das Süßliche abzuwehren.
Stone wird von ihren Mitdarstellern engagiert unterstützt. Dafoe bleibt ein Meister der Exzentrik, während Youssef liebenswürdig, aufrichtig, aber nicht heilig ist. Christopher Abbott, der erst spät im Film auftaucht, begeistert als angemessen abscheulicher Bösewicht und Kathryn Hunter ist als stark tätowierte Pariser Bordellbesitzerin eine kratzbürstige Mischung aus mütterlich und bedrohlich. Nur Mark Ruffalo, als schmieriger Schurke, der Bella den Boden unter den Füßen wegzuziehen versucht (so weit sie überhaupt weggezogen werden kann, sie genießt den Sex größtenteils nur), übertreibt es etwas und bringt das Ganze in Richtung daffy Farce.
Was fairerweise auch daran liegen kann, wie er Regie geführt wurde. Lanthimos will uns definitiv zum Lachen bringen - "Arme Seelen" ist vor allem eine Komödie. In seinen besten Momenten ist der Film in der Tat durchdringend clever, stolz auf seine Eigentümlichkeit, allerdings knapp vor Überheblichkeit. Allerdings beginnt der 140-minütige Film im letzten Drittel etwas an Reiz zu verlieren, wenn die Witze größtenteils schon vorher gemacht wurden und die einzigen frischen Elemente schwerfällige Handlungsstränge sind. Die epischen Dimensionen des Films - Bella Odyssee von einem Ort zum nächsten, von einer Lektion zur nächsten - werden geschätzt. Dennoch verliert "Arme Seelen" etwas von seiner Kraft, als Lanthimos versucht, seine Themen zu einem befriedigenden Abschluss zusammenzuführen.
Which isn’t to say that things don’t end nicely. A kindness and a sense of accomplishment animate the film’s closing scenes; we feel the contented tiredness of arriving home after a long time out in the formative wilds. In making a film about growing up (among other things), Lanthimos seems to have matured some too. He’s still a mischievous provocateur daring people to wince in the face of uncomfortable matter, but in Poor Things he finds grace in the profane and the squalid. He shows us a heart to complement all the whirring of his singular brain.