Theoretische Physiker präsentieren signifikant verbesserte Berechnung des Protonenradius
6. Oktober 2023
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von Renée Dillinger-Reiter, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Eine Gruppe theoretischer Physiker an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat es erneut geschafft, ihre Berechnungen des elektrischen Ladungsradius des Protons, die 2021 veröffentlicht wurden, signifikant zu verbessern. Zum ersten Mal haben sie ein ausreichend präzises Ergebnis komplett ohne die Verwendung experimenteller Daten erzielt.
Was die Größe des Protons betrifft, bevorzugen diese neuen Berechnungen auch den kleineren Wert. Gleichzeitig haben die Physiker erstmals eine stabile, theoretische Vorhersage für den magnetischen Ladungsradius des Protons veröffentlicht. Alle neuen Erkenntnisse sind in drei Preprints auf dem arXiv-Server veröffentlicht.
Alle bekannten Atomkerne bestehen aus Protonen und Neutronen, dennoch bleiben viele Eigenschaften dieser allgegenwärtigen Nukleonen unverstanden. Insbesondere ist es den Wissenschaftlern trotz mehrerer Jahre der Bemühungen nicht gelungen, den Radius des Protons genau zu bestimmen. Im Jahr 2010 verursachte das Ergebnis einer neuen Technik zur Protonenradiusmessung, die die Laserspektroskopie von muonischem Wasserstoff involvierte, Aufsehen - bei dieser 'speziellen' Form von Wasserstoff wurde das Elektron in der Hülle des Atoms durch sein schwereres Gegenstück, das Myon, ersetzt, das eine viel sensiblere Sonde für die Größe des Protons ist.
Die Experimentatoren erzielten dabei einen deutlich kleineren Wert als bei entsprechenden Messungen von 'normalem' Wasserstoff sowie der traditionellen Methode zur Bestimmung des Protonenradius mit Elektronen-Protonen-Streuung. Die große Frage, die die Physiker seitdem stellen, ist, ob diese Abweichung ein Beleg für neue Physik jenseits des Standardmodells ist oder 'einfach' systematische Unsicherheiten widerspiegelt, die den verschiedenen Messmethoden innewohnen.
In den letzten Jahren gab es zunehmende Hinweise darauf, dass der kleinere experimentelle Wert der richtige ist, d.h. dass es keine neue Physik hinter dem Protonenradius-Rätsel gibt. Theoretische Berechnungen leisten einen wesentlichen Beitrag zur definitiven Beantwortung dieser Frage. Bereits im Jahr 2021 gelang es Forschern um Prof. Dr. Hartmut Wittig vom Mainzer Exzellenzcluster PRISMA+, sogenannte Gitterberechnungen mit ausreichender Präzision durchzuführen, um einen weiteren zuverlässigen Hinweis auf den kleineren Protonenradius zu geben.
'Inzwischen haben wir einen weiteren großen Schritt nach vorne gemacht', erklärt Hartmut Wittig. 'Zum Beispiel hat Miguel Salg, ein Doktorand in meiner Forschungsgruppe, sehr gute Ergebnisse erzielt, die unsere frühere Berechnung signifikant verbessern und erweitern.'
Vor zwei Jahren hatte die Forschungsgruppe aus Mainz "nur" den sogenannten Isovektor-Radius berechnet, der nicht dasselbe ist wie der Protonenradius. Sie bestimmten den damals veröffentlichten Wert für den Protonenradius, indem sie experimentelle Daten für den Neutronenradius hinzufügten. 'Inzwischen haben wir auch die fehlenden Anteile berechnet, unsere Statistik verbessert und die systematischen Fehler besser eingeschränkt, so dass wir diesmal erstmals vollständig auf experimentelle Daten verzichten können', sagt Miguel Salg.
'Darüber hinaus waren wir in der Lage, zu überprüfen, inwieweit unser Ergebnis von 2021 einer direkten Berechnung standhält - mit dem Ergebnis, dass wir auch mit dem Wert von 2021 richtig lagen.' 'In Bezug auf das Protonenradius-Rätsel können wir sicher sagen, dass selbst mit den neuen Berechnungen die Beweise dafür weiterhin wachsen, dass der Protonenradius korrekt durch den kleineren Wert beschrieben wird', sagt Hartmut Wittig.
Die Berechnungen der Mainzer Physiker basieren auf der Theorie der Quantenchromodynamik (QCD). Sie beschreibt das Zusammenspiel der Kräfte im Atomkern: Die starke Wechselwirkung bindet die Quarks, die elementaren Bausteine der Materie, zu Protonen und Neutronen, und wird durch Gluonen vermittelt, die als Austauschteilchen wirken. Um diese Prozesse mathematisch behandeln zu können, greifen die Wissenschaftler in Mainz auf das sogenannte Gitterfeldtheorie zurück.
In diesem Fall sind die Quarks wie in einem Kristall über die Punkte eines diskreten Raum-Zeit-Gitters verteilt. Mit Hilfe von speziellen Simulationsmethoden können dann die Eigenschaften der Nukleonen mit Supercomputern berechnet werden: zunächst die sogenannten elektromagnetischen Formfaktoren. Diese beschreiben die Verteilung von elektrischer Ladung und Magnetisierung innerhalb des Protons. Daraus wiederum kann der Protonenradius bestimmt werden.
In addition to the electric charge radius, which has been discussed so far, the proton also has a magnetic charge radius, which also poses a puzzle. The Mainz theorists have also calculated this property on the basis of QCD. 'One could illustrate the different radii in a very simplified way by the expansion of an accumulation of electric or magnetic charge given by the proton, which an incoming electron 'sees' in the scattering process,' Hartmut Wittig explains.
The Mainz group also obtained a stable prediction for the magnetic charge radius for the first time, based purely on theoretical calculations. 'Furthermore, from the precise knowledge of the electric and magnetic form factors, we were able to derive for the first time the so-called Zemach radius of the proton purely from QCD, which is an important input quantity for the experimental measurements on muonic hydrogen. This shows once again how far the quality of lattice QCD calculations has advanced in the meantime,' Hartmut Wittig concludes.
Dalibor Djukanovic et al, Precision calculation of the electromagnetic radii of the proton and neutron from lattice QCD, arXiv (2023). DOI: 10.48550/arxiv.2309.07491
Dalibor Djukanovic et al, Zemach radius of the proton from lattice QCD, arXiv (2023). DOI: 10.48550/arxiv.2309.17232
Journal information: arXiv
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